Am 15.05.2025 habe ich im Deutschen Bundestag eine Rede zur Vorstellung des Regierungsprogramms des neuen Landwirtschaftsministers Alois Rainer gehalten.
Nachfolgend die Rede im Wortlaut und als Video zum Nachschauen.
Ganz herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Damen und Herren! Eine Kehrtwende in der Landwirtschaftspolitik ist angekündigt.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Und dringend notwendig!)
Mein Eindruck ist, dass wir im vollen Rückwärtsgang in die Vergangenheit, jetzt Zukunft genannt, fahren. Zurück in die 90er-Jahre, das ist ja das Motto dieser Regierung; das haben wir schon mehrmals gehört und lesen es auch im Koalitionsvertrag. Denn das Ansinnen der Ernährungswende, die jetzt geplant ist, ist nicht etwa ein voller Fokus auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt. Nein, man kriegt den Eindruck: Das Konzept kommt direkt vom bekannten Foodblogger und Fast- Food-Lover McMarkus aus Bayern. Der Leberkäs als das neue Symbol einer Agrarpolitik in den künftigen Jahren, die die Union jetzt plant!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU)
Man muss sagen: Der Kulturkampf, der durch die CSU angekündigt wurde, hilft Ihnen nicht, Herr Rainer. Denn tatsächlich ist es so, dass Sie als sehr geschätzter Kollege gelten, der vermittelnd ist, der zugewandt ist, der die Realität im Blick hat. Umso trauriger ist es, dass die erste große Debatte, die durch den neuen Minister öffentlich gesetzt wird, die Frage ist, ob es nicht wieder mehr Fleisch in Schulen und Kitas geben sollte.
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Wo er recht hat, hat er recht!)
Tatsache ist doch: Wir haben ein riesiges Problem mit ungesunder Ernährung hier in Deutschland, insbesondere bei den Kindern,
(Dr. Paul Schmidt [AfD]: Weil die zu wenig Fleisch essen!)
da, wo letztlich der Grundstein für Ernährungsbewusstsein gesetzt wird. Und wir wissen – die Wissenschaft sagt es uns, die DGE sagt es uns –: Das Problem ist nicht zu wenig Leberkäs in den Schulen, sondern das Problem sind zu wenig Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Paul Schmidt [AfD]: Zu wenig Fleisch!)
Es ist traurig, dass sich hierzu im Koalitionsvertrag aber auch nichts von dem findet, was der Bürgerrat Ernährung vorgeschlagen hat. Hohle Phrasen, ein paar fromme Bekenntnisse, aber keine einzige Maßnahme.
Auch beim Tierschutz haben wir wahrscheinlich nicht viel zu erwarten; denn eine Tierschutzgesetzreform, die sich an den aktuellen wissenschaftlichen Standards orientiert, wird wahrscheinlich nicht kommen.
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Wir haben das beste Tierschutzgesetz der Welt!)
Umso absurder die Debatte, die der Kollege Stegemann, der jetzt auch Mitglied im Fraktionsvorstand ist, angestoßen hat. Er hat nämlich gefordert, wir sollten jetzt auch Ställe mit niedrigen Haltungsstandards mit staatlichen Subventionen fördern.
Das muss man sich mal überlegen. Der Einzelhandel möchte 2030 genau diese Haltungsform, die die Union jetzt noch staatlich subventionieren möchte, aussortieren. Was heißt das denn? Wir finanzieren jetzt Ställe, die 2030 wieder hinfällig sind und umgebaut werden müssen.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Glauben Sie nicht jedes Märchen, Frau Mayer! Lesen Sie mal Marktanalysen! – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Lassen Sie das die Bauern selber entscheiden!)
Das muss man sich mal geben.
Das zeigt auch: Konzeptlosigkeit ist hier auf jeden Fall an der Tagesordnung. Wir brauchen nicht noch mehr Geld in einem System, das keinen strukturellen Reformen unterzogen wird, sondern wir brauchen für strukturelle Probleme auch strukturelle Reformen. Die Probleme können nicht nur dadurch gelöst werden, dass wir mehr Steuergeld in ein System in der jetzigen Form pumpen, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich muss sagen: Ich mache mir viele Sorgen. Ich habe Angst, dass das, was jetzt im Bereich Ernährung und Landwirtschaft angekündigt ist, nicht reichen wird, um die Herausforderungen unserer Zeit wirklich anzugehen. Ich wünsche mir deswegen inständig, Herr Minister, dass Sie in den kommenden Jahren keine Leberkäs-Scheu-klappen aufhaben werden, sondern Politik für alle Menschen hier im Land machen, dass Sie tatsächlich der vereinende Minister sind, den wir uns alle wünschen, dass Sie auch schauen, dass wir bei den Themen „gesunde Ernährung“, „Tierschutz“ und „Umweltstandards“ wirklich vorankommen und dass Sie sich vor allem von der hohlen Phrasendrescherei emanzipieren, die wir von der CSU in den vergangenen Jahren oft genug gehört haben.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit! – Bernd Schattner [AfD]: Dafür sind eigentlich die Grünen bekannt!)
Ich freue mich sehr auf die konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen. Wir Grünen freuen uns sehr darauf.
Ganz herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)