Am 06.06.2025 habe ich im Deutschen Bundestag eine Rede zu einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der die staatliche Tierhaltungskennzeichnung erheblich verzögern will, gehalten.
Nachfolgend die Rede im Wortlaut und als Video zum Nachschauen.
Herr Präsident! Herr Minister Rainer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Union, wem machen Sie denn eigentlich was vor? Sie wollen heute das Projekt der Tierhaltungskennzeichnung verzögern, und das unter dem Argument der Praxistauglichkeit. Tatsache ist ja, dass Sie in den vergangenen Monaten wirklich alles dafür getan haben, dass dieses Projekt sich verzögern muss. Sie haben so hart dagegen gekämpft, auch die unionsgeführten Ministerien auf Landesebene.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Wir waren in der Opposition!)
Die Union spricht gerne von Planungssicherheit. Das konterkariert ja das ganze Projekt. Landwirtinnen und Landwirte, die sich darauf eingestellt haben, sind mal wieder die Gelackmeierten.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Nur die Hälfte der Bauern ist überhaupt registriert! Informieren Sie sich mal über die Zahlen!)
Denn durch diese Verzögerung werden letztlich immer die, die sittlich arbeiten, bestraft. Das ist eigentlich kein guter Anspruch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir kennen das ja schon von der Automobilindustrie, der Digitalisierung und der Deutschen Bahn: Wenn die Union von Praxistauglichkeit spricht, dann müssen bei uns alle Alarmglocken angehen. Denn das bedeutet meistens, dass eine Branche wieder in der Vergangenheit festzustecken droht. Das wollen wir natürlich nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Unsinn!)
Die Menschen in Deutschland wünschen sich Transparenz bei der Tierhaltung. 90 Prozent der Menschen in Deutschland unterstützen eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung und wünschen sich diese Transparenz – übrigens auch der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“, der diese Forderung noch einmal bekräftigt hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Menschen in Deutschland sollten ein Recht darauf haben, zu wissen, wie die Tiere hier eigentlich gehalten werden. Dass eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung funktionieren kann, sehen wir am Beispiel der Eier. Aus unseren Frischeierregalen sind Eier aus Käfighaltung verschwunden, seit wir die staatliche Tierhaltungskennzeichnung dort eingeführt haben. Aber was viele nicht wissen, ist, dass der Anteil an Eiern aus Käfighaltung immer noch beträchtlich ist. Viele solche Produkte befinden sich immer noch in Backwaren oder in den Speisen der Gastronomie. Deswegen ist es wichtig, dass wir bei der Tierhaltungskennzeichnung schnell vorankommen, was verarbeitete Produkte, die Außer-Haus-Gastronomie und alle anderen Tierarten anbelangt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn nur so gibt es auch eine Durchdringung des Marktes und die Verbrauchertransparenz, die sich alle wünschen. Das ist übrigens auch fair für die Landwirtschaft; denn natürlich soll höhere Qualität durch den Markt belohnt werden. So eine Kennzeichnung ist letztlich für alle eine sehr gute Sache. Deswegen unterstützen wir Grünen das natürlich auch und freuen uns, dass Minister Rainer sich zu diesem generellen Projekt noch einmal bekannt hat, auch wenn es jetzt nicht so schnell geht, wie wir uns das eigentlich wünschen. Eine Sache, die für mich ein bisschen skandalös ist, ist, dass die Union mal wieder angekündigt hat, dafür zu kämpfen, dass auch niedrigste Haltungsstandards künftig mit mehr Geld der Steuerzahler subventioniert werden sollen. Und alles, was auf dem heimischen Markt nicht abgesetzt werden kann – sowohl der Einzelhandel als auch die Menschen in Deutschland wollen solche niedrigen Haltungsstandards eigentlich nicht mehr haben –, soll einfach exportiert werden. Das ist dann wohl die Exportstrategie, die die Union im Koalitionsvertrag angekündigt hat. Wir hoffen, dass die SPD ihr nicht auf den Leim geht. Denn es kann eigentlich nicht sein, dass wir auf dem Rücken der Schwächsten, die heute in der Debatte natürlich nicht mitreden können, niedrige Standards ausbauen und die entsprechenden Produkte dann in alle Welt exportieren. Wir sind es doch unseren Tieren, der Umwelt und unseren Landwirtinnen und Landwirten, die sauber arbeiten, schuldig, hier kein Geld mehr zu versenken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Schluss bleibt mir noch eines zu sagen: Mehr Tierschutz funktioniert natürlich nur dann, wenn insgesamt weniger Tiere auf den Tellern landen.
(Enrico Komning [AfD]: Die sind aber lecker!)
Wenn wir wollen, dass die 750 Millionen Tiere, die jedes Jahr in deutschen Schlachthöfen sterben, zu einem Standard gehalten werden, wie ihn sich die Menschen in Deutschland vorstellen, dann bräuchten wir zweimal die Fläche Deutschlands, und das ist schlicht unmöglich. Deswegen ist klar: Das beste Label für den Tierschutz, auch wenn wir die Tierhaltungskennzeichnung ganz dringend brauchen, ist wahrscheinlich immer noch ein Vegan-Label oder häufiger mal der Griff ins Obst- und Gemüseregal.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Ideologie pur! – Zurufe von der AfD)
– Genau! Auch wenn Ihnen das nicht gefällt. – Mehr Gemüse und Obst auf dem Teller schadet niemandem und hilft vor allem den Tieren. Dafür kämpfen wir natürlich auch weiterhin. Ganz herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)