Sommertour
Bevor auch ich mich ein paar Wochen vom anstrengende politischen Geschäft erholen durfte, bin ich im Juli knapp zwei Wochen unterwegs gewesen: 23 Termine, 1000 Kilometer kreuz und quer durch Baden-Württemberg.
Gemeinsam mit meinem Mitarbeiter Moritz und vielen grünen Freund*innen aus dem Ländle habe ich mir verschiedene Betriebe angesehen, mit Wissenschaftler*innen gesprochen und mit Tierschützer*innen ausgetauscht. In dieser Woche hat mich außerdem für drei Tage meine Lieblings-Bundestagskollegin Renate Künast begleitet.
Tag 1
Am ersten Tag unserer Reise haben wir die Daniel-Schule in Murrhardt besucht und dabei insbesondere den Schulgarten gewundert. Hier lernen Grund- und Realschüler*innen, wie man Obst- und Gemüse pflanzt, pflegt und erntet. Während der Unterrichtszeit ist die Schule zuckerfrei und vegetarisch bzw. vegan. Ernährungsbildung wird hier also nicht nur vermittelt, sondern auch gelebt. Ein schönes Konzept!
Danach haben wir dem Tierheim in Backnang einen Besuch abgestattet. Irgendwie sind sich Tierheime ja doch ziemlich ähnlich. Räume für Katzen, Zwinger für Hunde, es riecht nach Futter und das Bellen der aufgeregten Hunde schaukelt sich hoch. Und doch hat jedes Tierheim seine Besonderheiten. In Backnang ist es zum einen die schöne Lage im Grünen, zum anderen die außergewöhnlich sauberen und neuen Räumlichkeiten. Im Gespräch wurde aber auch klar: Entspannt ist die Lage auch hier nicht. Es bräuchte mehr Unterstützung, finanzieller Art, aber auch durch Gesetze, die Tiere besser schützen. Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes haben wir auf Bundesebene die Möglichkeit, durch strengere Regeln für den Handel, die Zucht und für die Haltung, die Tierheime zu entlasten. Dafür kämpfen wir!
Tag 2
Am zweiten Tag der Sommertour dreht sich alles um alternative Proteine.
Dass man nicht unbedingt tierische Eiweiße benötigt, um leckere Produkte herzustellen, zeigt die Entwicklung auf dem Markt für sogenannte Ersatzprodukte deutlich. Doch gerade im Bereich der Käsealternativen, die dann auch noch Bio sind, sieht es bisher noch verhalten aus. Das will das Stuttgarter Start-Up Viva la Faba, das wir besucht haben, ändern. Aus Bio-Ackerbohnen wird hier an plant-based-Käse getüftelt, der nicht nur gut schmeckt, sondern auch ernährungsphysiologisch einiges zu bieten hat.
Im Anschluss ging es zu ProteinDistillery. Das Startup hat sich zur Aufgabe gemacht, Nebenströme der Lebensmittelindustrie zu verwerten, die als Abfallprodukt größtenteils ungenutzt verloren gehen würden. Aus Brauhefe, die in großen Mengen im Bierbrauprozess übrig bleibt, wird Protein gewonnen, welches wiederum als Zutat für verschiedene Ersatzprodukte verwendet werden kann.
Tag 3
Man kennt sich in der Alternative-Proteine-Szene in Baden-Württemberg. Liebe Grüße aus den Start-ups in Stuttgart hatten wir im Gepäck, als wir mit Prof. Dr. Petra Kluger in Reutlingen und Prof. Dr. Mario Jekle in Hohenheim, zwei Vorreiter*innen in der Forschung an alternativen Proteinen, besuchen durften.
An der Uni Hohenheim forscht das Team um Mario Jekle unter anderem mit Mykoproteinen, proteinreiche Pilzmyzele mit hoher biologischer Wertigkeit und geringem ökologischen Fußabdruck. Aufgrund ihrer Struktur und des natürlichen Aromas könnte dieses Abfallprodukt der Ernährungsindustrie für die Herstellung von Käsealternativen verwendet werden.
Bei dem zweiten Termin an der Uni Reutlingen konnten wir Einblicke in die Arbeit des Kluger-Lab gewinnen. Unter der Leitung von Petra Kluge beschäftigt sich das Forscher*innen-Team unter anderem mit der Frage, wie sich echtes Fleisch ohne Tierleid aus Zellen im Labor züchten lässt. Ein spannender Ansatz: Denn angesichts eines nach wie vor hohen globalen Fleischkonsums stellt sich die Frage, wie wir diesen künftig decken können, ohne die wohlbekannten negativen Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt – und natürlich das Wohlergehen der Tiere.
Tag 4
Am nächsten Tag sind wir zur nächsten Universität gefahren, und zwar zum Studierendenwerk Freiburg. Dieses gibt jährlich rund 2,1 Millionen Tellergerichte an Studierende in Freiburg und der Region aus. Die Ziele hier sind klar: Mehr Bio, mehr regional, mehr plant-based Angebote; weniger food waste und Müll. Bei der Führung und dem anschließenden Gespräch wurde klar, dass es oft gar nicht so einfach ist, alle Ziele gleichzeitig voranzutreiben. Etwa wenn bestimmte Produkte nicht in Bioqualität aus der Region beziehbar sind.
Mit Students For Future Freiburg und dem Ernährungsrat Freiburg saßen studentische und wissenschaftliche Perspektiven mit uns am Tisch. Entsprechend angeregt und informativ war die Diskussion.
Zum Abschluss eines langen Tages, haben wir uns bei frischer Limonade und Antipasti mit einigen bekannten und neuen Gesichtern über Ernährungs- und Tierschutzthemen ausgetauscht.
Tag 5
Mehr geballte Tierschutz-Kompetenz geht wohl kaum! Bei unserem Besuch im Tierheim Pforzheim waren Tierschutzbeauftragte aus allen föderalen Ebenen zu gegen: Ariane Kari, Bundestierschutzbeauftragte, Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftrage in Baden-Württemberg und Julia Schierle, ehrenamtliche Tierschutzbeauftragte der Stadt Karlsruhe. Dazu aus der direkten Praxis: Veronika Eberle, der Leiterin des Tierheims, René Maier-Stadtaus und Ulf Hildebrand, vom Pforzheimer Tierschutzverein.
Entsprechend fachkundig waren auch die Gespräche über knappe Finanzierung durch die Kommunen, die Notwendigkeit von Sachkundenachweisen, über strengere Regeln bei der Zucht und dem Handel mit Tieren. In all diesen Bereichen erkenne ich immer wieder große Überschneidungen in meinen (und den grünen) Positionen und denen der Tierschützer*innen und unabhängigen Tierschutzbeauftragten. Viel zu selten sprechen wir darüber, dass hinter jedem Tierheim eine ganze Menge engagierter Tierschützer*innen steckt, die sich aus voller Überzeugung – und sicherlich nicht, weil sich hier besonders viel Geld verdienen lässt – für das Wohlergehen der Tiere einsetzen. So auch in Pforzheim!