Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestags hat heute einen Änderungsantrag beschlossen, der die Geschlechtsbestimmung und den Abbruch der Bebrütung männlicher Hühnerembryonen bis zum 13. Bebrütungstag erlaubt. Hier meine Einschätzung:
Im Sinne der Rechtsstaatlichkeit unterstütze ich die Implementierung der Geschlechtsbestimmung im Ei bis zum Bruttag 12/13 ab 2024 – auch da dies keine Minderung der Tierschutzstandards bedeutet. Gesetzgebung muss auf wissenschaftlichen Fakten beruhen, dieser Verpflichtung kommen wir als Ampel-Koalition nun nach.
Geschlechtserkennung im Ei kann jedoch nur eine Übergangslösung sein. Denn das Problem ist aus tierschutzpolitischer Sicht damit nicht gelöst. Dafür muss die Situation von Legehennen und auch Masthühnern nachhaltig verbessert werden und das System der Leistungsmaximierung und Hochleistungszucht prinzipiell hinterfragt werden. Denn jede Art der Geschlechtsbestimmung im Ei bedeutet, dass weiterhin 50 % der wertvollen Nachkommen als wertlos entsorgt werden.
Entsprechend fordern wir Grünen die langfristige Umstellung auf sog. Zweinutzungshühner. Diese sind zwar weniger „leistungsfähig“, sind jedoch gesündere und robustere Rassen und sind sowohl für die Mast als auch für die Eierproduktion geeignet. Zudem muss künftig ein stärkerer Fokus auf der Förderung alternativer Proteinquellen liegen, die ganz ohne Tierhaltung auskommen.
Wirtschaftlicher Nutzen darf nicht länger über dem im Grundgesetz verankerten Staatsziel „Tierschutz” stehen!
Hintergrund
Nach bestehender Rechtslage ist es ab dem 1. Januar 2024 verboten, die Bebrütung männlicher Hühnerembryonen ab dem 7. Bebrütungstag per Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei abzubrechen. Der beschlossene Änderungsantrag sieht vor, dieses Verbot stattdessen ab dem 13. Bebrütungstag greifen zu lassen.
Denn nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen setzt das Schmerzempfinden bei Hühnerembryonen nicht vor dem 13. Bebrütungstag ein – bislang war dies nur bis zum 7. Bebrütungstag auszuschließen. Das ist das Ergebnis eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts.