Tag 6
Zu Beginn der zweiten Woche unserer Tour stand der Hof der Familie Kienle auf dem Programm. Dieser ist seit 1725 in Familienbesitz und wird mittlerweile in der 10. Generation geführt. In dieser Zeit haben sich sowohl die Landwirtschaft als auch die Nachfrage nach Nahrungsmitteln stark verändert. Deshalb haben Philipp und Verena beschlossen, die Tierhaltung aufzugeben und sich auf pflanzenbasierte Lebensmittelproduktion zu konzentrieren. Auf dem Hof leben weiterhin Tiere – u.A. Schweine, Pferde und Kühe – doch sie müssen hier nichts mehr leisten, dürfen einfach sein. Für die Zukunft des Hofes haben sie eine klare Vision: Durch Bildung das Bewusstsein für einen respektvollen Umgang mit Tieren und nachhaltige Ernährung zu fördern. Es war sehr spannend zu erfahren, wie alternative Nutzungskonzepte für ehemalige Tierhaltungsbetriebe aussehen können. Vielen Dank für die Einladung und viel Glück für die Zukunft, lieber Lebenshof Farmony.
An der Zukunft der Ernährung wird auch an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und dem Innovationscampus der Wirtschaftsförderung Sigmaringen gearbeitet und geforscht! Prof. Dr. Dieter Stoll, Professor an der Fakultät Life Science, hat uns nicht nur durch die weiträumigen Labore und Forschungsküchen des Campus geführt, sondern auch das spannende Projekt „nebenströme“ vorgestellt, das mit Partner*innen aus der Wirtschaft umgesetzt wurde. Der Begriff der Nebenströme ist uns in den vergangenen Tagen immer wieder begegnet. Es geht darum, ungenutzte bioökonomische Potenziale aufgrund mangelnder Vernetzung der Wertschöpfungsketten und wirtschaftlich bedingter suboptimaler Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ausfindig zu machen und die regionalen Stoffkreisläufe zu schließen. Daraus sind bereits interessante Produkte entstanden, etwa Lupinenkaffee oder Hanf-„Milch“. Danke für den spannenden Austausch!
Tag 7
Zwischen Maisfeldern und endlosen Reihen von Apfelbäumen standen wir am ersten Termin des Tages und sprachen mit Nikolaus Glocker über Obstanbau und Biodiversität. Der Bioland-Obsthof Glocker wirtschaftet nach den strengen Standards des biozyklisch-veganen Anbaus und schont damit die Umwelt, das Klima und natürlich die Tiere.
Wenn auch hier in idyllischer Umgebung gearbeitet wird – in der Ferne erblickt man den Bodensee, es duftet nach blühenden Wiesen – ist das Geschäft kein Leichtes: Die sehr feuchte Witterung in diesem Jahr begünstigt Schädlinge und Krankheiten, bis zu 40 % der Apfelernte könnte ausfallen. Zusätzlich herrscht großer Konkurrenzdruck, vor allem aus dem EU-Ausland und der Türkei. Als Bio-Anbauer, so Glocker, hat man es in einem System, das auf konventionelle Landwirtschaft ausgelegt ist, nicht leicht.
Für mich war dieser Termin sehr lehrreich. Oft beschäftigen wir uns in der Agrarpolitik stark mit Fragen der Tierhaltung. Pflanzenbau – und im speziellen Obstbau – gerät dabei leider manchmal in den Hintergrund. Zu Unrecht: Wir sollten unseren Fokus zukünftig dringend darauf legen, unsere Selbstversorgungsgrade im Bereich der pflanzlichen Lebensmittel zu steigern.
Einen ganz besonders schönen Termin durften wir im Anschluss auf dem Argenhof wahrnehmen. Der Gnadenhof biete Tieren ein Zuhause, die durch alle Raster gefallen sind. Zu alt, zu krank, zu gefährlich. Hier werden die Tiere mit viel Herzblut und Zuneigung aufgenommen, gepflegt – und wenn möglich auch weitervermittelt. Der Fokus liegt dabei auf verhaltensauffälligen Pferden und Hunden, wir sind aber auch Lamas, Kühen, Gänsen, Katzen und vielen weiteren Tieren begegnet.
Man kann ohne Übertreibung sagen: Ziemlich versteckt, nur erreichbar über eine schmale Brücke, die dringend saniert werden müsste, ist der Argenhof ein echtes Paradies für Tiere. Es macht einfach glücklich zu sehen, wie harmonisch die Tiere mit den vielen Helfer*innen zusammenleben. Alles ist sehr gepflegt und sauber.
Tag 8
Ein politisches Sommerfest im Freibad? Eine wirklich schöne Idee, die der Kreisverband Grüne Karlsruhe hatte. Im Freibad Wolfartsweier kamen viele politische Wegbegleiter*innen, Freund*innen und Neumitglieder zusammen, um gemeinsam einen sonnigen, warmen, herzlichen Abend zu verbringen. Für mich zusätzlich besonders, da ich den Anlass nutzen konnte, um meine Bewerbung für die Direktkandidatur bei der Bundestagswahl 2025 zu verkünden!
Tag 9
„Nur weil wir in Massen kochen, heißt das nicht, dass wir nicht gesund und lecker sind!“ Mit diesem Selbstverständnis wurden wir in der Zeughaus-Mensa des Studierendenwerk Heidelberg begrüßt. Gemeinsam mit Studierenden der internationalen Organisation Plant Based Universities, die sich für mehr pflanzliche Ernährung an Universitätsmensen einsetzt, haben wir über die Nachhaltigkeitsstrategie des Studierendenwerks gesprochen. Ähnlich wie in Freiburg gilt auch hier: möglichst regional, möglichst bio, immer weniger Fleisch! Das kommt bei den Studierenden gut an, die den Wandel im Angebot nicht nur mittragen, sondern auch aktiv vorantreiben.
Bei der zweiten Station des Tages haben wir uns einen weiteren Gnadenhof angeschaut. Pferde zu halten kostet viel Zeit, Geld und Energie. Wenn Besitzer*innen in Notlagen kommen, sei es aufgrund von Krankheiten oder anderen Schicksalsschlägen, stellt sich häufig die Frage: Wohin mit den geliebten Tieren? Gerade nach älteren Tieren gibt es dann keine Nachfrage mehr. Der Gnadenhof Helmstadt bietet ein Zuhause für eben diese Tiere in Not. Tamara Schäfer und ihr Team kümmern sich aufopferungsvoll um die Pferde und Ponys – und wie so häufig tun sie dies unter schwierigen Bedingungen. Unterstützung durch öffentliche Gelder erhalten sie nicht, sind stattdessen auf Spenden angewiesen. Danke für eure wichtige Arbeit!
Tag 10
Am letzten Tag meiner zweiwöchentlichen Tour durch Baden-Württemberg durfte ich mir von zwei weiteren Tierheimen einen Eindruck machen. Im Tierheim Sinsheim gäbe es einiges zu tun. Der Platz reicht kaum aus, um die Tiere angemessen zu versorgen und den Mitarbeiter*innen einen angenehmen Arbeitsplatz zu schaffen. Doch die Finanzierung durch die Gemeinde deckt nicht ansatzweise die laufenden Kosten. Auch die Spenden reichen dafür nicht aus. Man zehrt an der Substanz.
Die Räumlichkeiten des Tom-Tatze-Tierheims in Walldorf hingegen sind deutlich besser in Schuss. Ausreichend Platz um die Tiere zu versorgen und Gäste zu empfangen. Was natürlich nicht heißt, dass man nicht auch hier mit den üblichen Problemen zu kämpfen hat: Mehr Qualzuchttiere, steigende Preise, zu geringe Finanzierung.
Klar ist: Die unterschiedliche Ausstattung der Tierheime ist nicht auf mangelndes Engagement der Tierschützer*innen zurückzuführen, sondern durch viele Faktoren bedingt, die nicht in deren Hand liegen. Reiche Kommunen können mehr Geld für den Tierschutz ausgeben. Gleichzeitig müssen in den lokalen Verwaltungen und in den politischen Ämtern Menschen sitzen, die sich für die Anliegen des Tierschutzes interessieren. Eine strukturiertere Unterstützung der Tierheime wäre dringend notwendig!
Zum Abschluss der Sommertour haben wir in Karlsruhe nochmal einige interessante Menschen getroffen.
Einen intensiven Austausch hatte ich mit Prof. Dr. Alexander Pischon, Christian Höglmeier und Stephanie Schulze von der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft, dem Karlsruher Verkehrsverbund und den Verkehrsbetrieben Karlsruhe über die Mobilität der Zukunft. Die beeindruckende Infrastruktur mit 700 km Bahnnetz und 183 km Buslinien transportiert jährlich 180 Millionen Fahrgäste. Aktuell wird viel in Barrierefreiheit und die Ausweitung der Kapazitäten investiert. Besonders spannend waren die Vision für das Zukunftskonzept „Netzkonzeption“ und die Erfolge durch das 49-Euro-Ticket, das die Fahrgastzahlen verdoppelt hat.
Mit Martin Hubschneider, Gründer und Vorstandsmitglied von CAS Software, konnte ich über digitale Souveränität und die Notwendigkeit politischer Rahmenbedingungen für soziale Netzwerke sprechen. Wir diskutierten den werteorientierten Umgang mit Software und Social Media sowie die größten Herausforderungen unserer Zeit: Fachkräftemangel und Bürokratieabbau.
Außerdem erhielt ich bei meinem Besuch der Wiggert GmbH bei einem Rundgang durch die Produktion spannende Einblicke in ihre kundenindividuellen Betonmisch- und Betontransportanlagen für internationale Märkte. Im Gespräch thematisierten wir den Fachkräftemangel, die Stärkung der dualen Ausbildung und den dringend notwendigen Bürokratieabbau.
Anschließenden durfte ich bei meinem Besuch im ZKM das Restaurationslabor besichtigen, in dem alte Filmbänder durch sorgfältige Digitalisierung gerettet werden, sowie den riesigen Serverraum für die Archivierung digitaler Kunstwerke. Wir besuchten außerdem drei aktuelle Ausstellungen, darunter "Black Flags" und "(A)I Tell You, You Tell Me", und sprachen mit dem neuen Direktor Alistair Hudson über die zukünftige Entwicklung des ZKM und die Rolle von KI in der digitalen Kunst.
Ganz besonders schön an diesem Tag war der Austausch mit Karlsruher Bürger*innen bei unseren drei Pop-Up-Ständen in der Karlsruher Innenstadt. Vielen Dank an alle, die sich die Zeit genommen haben!
Der intensive Austausch während meiner Tour durch Baden-Württemberg war eine wertvolle Erfahrung: Die Begegnungen mit engagierten Menschen, die tiefgründigen Gespräche und die detaillierten Einblicke in verschiedene Bereiche haben mir wichtige Perspektiven eröffnet. Ich bin dankbar für diese intensive und inspirierende Zeit.